Nikosia – deprimierende Grenzerfahrungen in der letzten geteilten Hauptstadt
Heute ist sie die einzige geteilte Hauptstadt der Welt. Wie die gesamte Insel Zypern ist sie seit der türkischen Invasion 1974 in einen Süd- und Nordteil gespalten, die durch die „Green Line“ oder auch „Forbidden Zone“ getrennt wird.
Bereits zweimal führte mich eine Reise in diese Stadt, über die man erstaunlich wenig hört. Zuletzt im November 2020. Es heißt ja, reisen bildet. Ich habe lernen müssen, dass es in der EU eine dermaßen militärisch gespaltene Stadt noch gibt. In diesem Fall war ich regelrecht deprimiert, ja schockiert. Dass die Stadt geteilt ist, war mir bekannt – doch ich habe mich stark in das Berlin zu DDR-Zeiten zurückversetzt gefühlt. Wer einmal dort am Checkpoint Charlie war, der kennt das mulmige Gefühl, das beim Betrachten der Warnhinweise aufkommt. Die Teilung Deutschlands ist Geschichte, auf Zypern jedoch bittere Realität. Während der südliche Teil – die Republik Zypern – international anerkannt wird und seit 2004 Mitglied der EU ist, wird der nördliche Teil – die Republik Nordzypern – nur von der Türkei als eigenständiger Staat angesehen.
Die Grenze kann seit einigen Jahren passiert werden – aktuell jedoch pandemiebedingt nicht möglich: Ausreise aus der EU im südlichen Teil, dazwischen die verbotene Zone, die quer durch die Stadt verläuft und wie eine Geisterstadt wirkt – Einreise in den türkischen Teil. Eigentlich unkompliziert, aber das Militär und die verfallenen Bauten lassen ein unschönes Gefühl entstehen. Der türkische Teil der Stadt bietet zwar einige interessante Bauwerke – doch er wirkt wesentlich nüchterner und ärmer als der südliche Teil, den ich auch einladender empfand: die Tage des antiken Griechenlands scheinen zum Greifen nahe, schlendert man durch die kleinen Gassen und geht auf Entdeckungstour durch versteckte Hinterhöfe. COVID-19 lässt die Grenze noch mal markanter erscheinen, unpassierbarer.
An der Ledra Street befindet sich der Grenzübergang. Aktuell ist hier alles komplett versperrt, die Kontrollposten geschlossen. Hier passieren sonst tagtäglich auch junge Menschen die Grenze, beispielsweise um im anderen Teil zu arbeiten. Zypriotische Jugendliche haben aber auch Freunde auf der anderen Seite und würden diese gerne besuchen, ohne ihren Ausweis vorzeigen und am selben Tag wieder zurück sein zu müssen.
Das „Zypernproblem”, wie es international heißt, ist allgegenwärtig. Denn dort steht die Grenze und erinnert tagtäglich daran, dass auf der Mittelmeerinsel immer noch die Menschenrechte gebrochen werden.
Meine Empfehlungen:
– Grenzerfahrung: Traurig aber wahr und absolut erlebenswert. Die Grenze passieren und beide Teile der Stadt besuchen
– Weitblick: im südlichen Teil auf die 11. Etage des Schiakolas-Hochhaus von dem man die geteilte Stadt bestens überblicken kann – Ausstellung inklusive
– Zeitreise: ebenfalls im südlichen Teil das beeindruckende Zypern-Museum. Es zeichnet ein breites Bild der Kulturgeschichte der Insel
Gerne unterstütze ich euch bei euren Reiseplanungen dorthin.
Sorry, the comment form is closed at this time.